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DAUN, 06.03.2023 - 08:30 Uhr
Kultur

Eckart von Hirschhausen beendet seine Bühnen-Karriere

1995 trat er erstmals im Fernsehen als Komiker auf. Fast 30 Jahre später kündigt Eckart von Hirschhausen nun das Ende seiner Bühnenkarriere an. „Ich bin nicht mehr der Gleiche wie vor zehn Jahren und die Welt ist auch nicht mehr die Gleiche wie vor zehn Jahren“, erklärt Eckart von Hirschhausen der Deutschen Presse-Agentur. Er verschiebe immer wieder Akzente in seinem kreativen Schaffen und sei ein neugieriger Mensch. „Ich will den relevantesten Beitrag leisten zur Gesunderhaltung von Mensch und Erde. Dafür möchte ich mit meiner Stiftung ‚Gesunde Erde – Gesunde Menschen‘ mehr Zeit haben. “Um diesem Ziel gerecht zu werden, hat er den Entschluss gefasst, seine Bühnenkarriere zu beenden.Dr. Eckart von Hirschhausen erzählt uns dazu mehr im Interview.

Der gute Vorsatz zum Neuen Jahr „ich will gesünder leben“ klappt fast nie und hinterlässt meist nur einen schalen Nachgeschmack von Versagen. Was sind Ihre praktischen Tipps, damit es 2023 tatsächlich klappt mit dem gesünderen Leben? Druck rausnehmen! Auf Dauer werden wir nur Dinge in unseren Alltag integrieren, wenn sie uns Freude machen und wir uns nicht dazu zwingen müssen. Im Grunde weiß jeder Mensch, was ihm guttäte – wir tun es nur nicht oder zu wenig. Ein ganz schnell wirkender Tipp ist Lachen. Denn wenn wir uns immer wieder etwas vornehmen und daran krachend scheitern, kann man darüber verzweifeln, oder lachen! Das hat im Körper nachweislich so viele positive Wirkungen, dass sich jeder Pharmahersteller danach die Finger lecken würde. Aber Humor kann man eben nicht als Tablette einnehmen, nur als Haltung. Jedes Lachen ist wie eine kleine Erleuchtung und für diesen Moment bist du im Hier und Jetzt.

Es gibt so viele unterschiedliche Typen von Menschen, dass es sehr banal wäre, einen Tipp für alle zu geben. Die einen beschäftigen sich viel zu viel mit sich und ihrer Befindlichkeit, denen würde ich raten, sich ein Ziel und eine Aufgabe außerhalb ihrer selbst zu suchen. Das Gefühl, gebraucht zu werden und einen wichtigen Beitrag für andere zu leisten, hilft einem selbst wieder auf die Beine. Es gibt aber auch die Verdränger, die sich nie Zeit nehmen, etwas auszukurieren. Denen würde ich raten, runterzufahren und das Signal des Körpers nach einer Pause ernst zu nehmen. Das seelische Gleichgewicht und glückliche Momente sind eng mit einem guten Körpergefühl und dem richtigen Essverhalten verbunden. Je weniger wir seelisch „in uns reinfressen“ – desto weniger tun wir das auch körperlich.

Gibt es eine einfache Methode, wie man seine Ernährung umstellen kann - ganz ohne Verzicht und Qual? Ja, ich habe neulich meine Ernährung radikal umgestellt. Die Kekse stehen jetzt rechts vom Computer! Im Ernst - was mir persönlich sehr geholfen hat, abzunehmen, ist Intervallfasten. Das Tolle daran ist, dass es so herrlich einfach ist: Keine Kalorien zählen, sondern Stunden! Sie essen, was Sie wollen, und dann geben Sie dem Körper Zeit, zu verdauen und danach von Zufuhr auf Abfuhr umzustellen. Dafür gibt es verschiedene Rhythmen, da kann jeder das passende für sich finden. Ich finde es praktisch, an mehreren Tagen der Woche ab 18 Uhr nichts mehr zu essen und am nächsten Morgen den ersten Kaffee ohne Croissant zu genießen– und dann festes Frühstück erst ab zehn. Schwups, hast du 16 Stunden intervallgefastet. Nennt sich 16 zu 8. Der Körper gewöhnt sich sehr rasch daran. Ansonsten halte ich nicht so viel von Diäten. Wer nicht genießt wird ungenießbar. Und kein Mensch kann auf Dauer wider seine Natur leben. Aber Intervallfasten ist unser evolutionäres Programm. Früher hieß es immer, viele kleine Mahlzeiten seien gesund. Völliger Unsinn. Unser Körper ist dafür gemacht zuzuschlagen, wenn es etwas gibt. Und dann aber nicht gleich wieder. Im Neandertal stand ja auch nicht pünktlich um 12.30 Uhr das Mittagessen auf dem Tisch, sondern lief vielleicht noch zwei Tage vor einem her. Da war Übergewicht kein Thema. Erst seit wir immer sesshafter geworden sind, setzen wir immer mehr an.

Mit ihrer Stiftung „Gesunde Erde - Gesunde Menschen“ weisen sie immer wieder auf die Verbindung der menschlichen Gesundheit mit den Lebensgrundlagen auf unserem Planeten hin. Was genau ist diese „Planetary Health Diet“? Für mich die beste Ernährungsform überhaupt, weil sie das Beste für Mensch und Erde ist. Die Idee einer „Planetary Health Diet“ verbindet das, was dem Körper guttut, mit dem, was dem Planeten guttut. Ganz simpel heißt das deutlich mehr Gemüse, Nüsse, Obst und Hülsenfrüchte auf den Teller als bisher und dafür viel weniger Zucker und Fleisch. Maximal 100 Gramm Fleisch pro Woche empfehlen die Expert*innen. Was wir durch die Fleisch-Produktion anrichten, sehen wir ja im Supermarkt nie. Angenommen, wir müssten zu jedem Kilo Fleisch, was wir kaufen, obligatorisch einen Eimer mit 20 Liter Gülle mit nach Hause nehmen - wir würden automatisch wissen: Fleisch braucht es nicht jeden Tag.

Ungesunde Ernährung ist bereits heute eine der Hauptursachen für Zu-ckerkrankheit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die Fettleber und – was selten im selben Atemzug genannt wird – zugleich ein Risiko für die Klimastabilität. Die gute Nachricht: Es ist möglich, eine wachsende Bevölkerung von 10 Milliarden Menschen bis 2050 nachhaltig und gesund zu ernähren. Die weniger gute: Es wird nur gelingen, wenn wir unseren Speiseplan substanziell umstellen, die Nahrungsmittelproduktion verbessern und Nahrungsmittelabfälle reduzieren. Die Vorteile sind enorm: Das kann Millionen Herzinfarkte und Schlaganfälle, praktisch alle großen Zivilisationskrankheiten verhindern.

Wie können wir weniger Lebensmittel verschwenden und weniger Müll produzieren?  Es fängt schon bei der Verwertung von Lebensmitteln an. Weltweit wird jährlich ein Drittel aller Lebensmittel weggeschmissen. Grob heißt das: Jedes dritte Feld wird umsonst beackert. In Deutschland werfen wir jedes Jahr mehr als 18 Millionen Tonnen Nahrungsmittel weg. Pro Kopf landen in deutschen Haushalten 75 Kilogramm Lebensmittel im Müll. Da bekommt die Aussage „ich schmeiß mich weg“ eine ganz konkrete Bedeutung. Hinzu kommt, dass in Deutschland Menschen dafür bestraft werden, wenn sie noch brauchbare Lebensmittel aus den Containern hinter dem Supermarkt nehmen. Das ist absurd. Was können wir tun? Ganz einfach „Augen auf beim Einkaufen“, also nur das einkaufen, was man wirklich braucht, Sonderangeboten widerstehen. Weniger ist mehr. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Befehl zum Wegwerfen, sondern dient zur rechtlichen Ab-sicherung der Hersteller. Die meisten Produkte sind länger haltbar. Trauen Sie Ihren Sinnen: anschauen, riechen, schmecken.

Kann man auch bei gestiegenen Kosten und höheren Lebensmittelpreisen gesund leben? Ja – ganz klar! Wir haben uns daran gewöhnt, sehr wenig für Lebensmittel auszugeben, das führte zu einer Billigspirale, die weder den Produzenten, den Böden noch uns als Verbrauchern guttat. Die Lebensmittelpreise sind bis heute nicht „ehrlich“, weil die versteckten Kosten für die Umwelt und die kommenden Generationen durch hohen Ressourcenverbrauch nicht transparent sind. Bei der Recherche für mein Buch „Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben“ (https://hirschhausen-shop.de/buecher/), ist mir erst richtig klar geworden wie viel Wasser in der Lebensmittelproduktion verschwendet wird. Für ein Kilo Rindfleisch, über 15.000 Liter Wasser. Unfassbar! Und dazu noch der Futteranbau mit Soja und Co., für die ganze Tropenwälder abgeholzt werden. Und von den Methan-Püpsen der vielen Rinder ganz zu schweigen.

Was sind Ihre Pläne für 2023? Große! Ich möchte einen wesentlichen Beitrag zur Gesunderhaltung von Mensch und Umwelt leisten – und dafür beende ich nach 30 Jahren mein Bühnenprogramm und widme mich vorrangig den Themen rund um den Klima- und Gesundheitsschutz.

Mit meiner Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“ möchte ich dazu beitragen, dass die notwendige Transformation von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft neuen Schwung bekommt. Dazu brauchen wir einen frischen „Spirit“: überparteilich, kooperativ, generationsübergreifend und mit ansteckend guter Laune. Mein Team und ich arbeiten unter Hochdruck an vielen Hebeln und mobilisieren die Ärzteschaft und die Pflege zu dem Thema Stellung zu beziehen, als zentrale Multiplikatoren in der Mitte der Gesellschaft. Wir arbeiten mit großen Stiftungen und Netzwerken zusammen. Ziel all dieser Aktivitäten ist es, dass der deutlichen Mehrheit unserer Gesellschaft bewusst wird: Gesunde Menschen gibt es nur auf einem gesunden Planeten. Und dafür brauchen wir radikale Änderungen in der Art und Weise, um zukunftsfähig und enkeltauglich zu leben.

Und natürlich bleibe ich weiterhin medial präsent, mit den ARD-Dokumentationen, mit Vorträgen für Unternehmen und auch digital, zum Beispiel mit meinem neuen Format „Ich weiß es nicht, aber ich weiß wen ich fragen kann ...“ auf meinem YouTube-Kanal (https://www.youtube.com/user/hirschhausentv) jeden Sonntag um 16 Uhr mit einer neuen Folge. Darin beantworte ich mit Hilfe von unterschiedlichen Expert*innen spannende Fragen rund um das Thema Energie. Egal ob Dry January, die Funktion von Thermostaten oder spannende Infos zur Klimakrise.

Was können unsere Leserinnen und Leser konkret 2023 tun? Wer mit offenen Augen durchs Leben geht, weiß: Es wird nicht mehr „wie früher“. Unser Verhalten kommt mir so vor, wie wenn man nachts mit voller Blase wach wird. Du weißt, was zu tun ist. Du weißt, dass es von alleine nicht besser, sondern nur schlimmer wird. Aber wir stellen uns lieber schlafend und denken, wenn wir die Augen nicht aufmachen, geht es vorbei. Also: Augen aufmachen und anerkennen, dass wir ein Problem haben, zu dem wir alle beigetragen haben. Ja, die kommenden Jahre werden unangenehm, aber am Status Quo festzuhalten ist der sichere Untergang des Status Quo. Keiner kann sich da „rauskaufen“, niemand kann sich seine eigene Außentemperatur machen, auch kein Privatversicherter. Gerade Menschen mit überdurchschnittlich mehr Geld und Möglichkeiten haben auch mehr Verantwortung. Sie haben einen größeren Fußabdruck, aber viel wichtiger, auch einen größeren Handabdruck, einen größeren Hebel zum Handeln. Und viele haben ja auch Kinder und machen sich einerseits Sorgen, in was für einer instabilen Welt die hineinwachsen. Und auch Sorgen, was wir denen antworten, was wir 2023 eigentlich für wichtig gehalten haben. Jeder kennt jemanden, der was konkret ändern kann. Deshalb schlau machen, Mund aufmachen und sich vernetzen. Zeit, Sichtbarkeit oder Geld spenden an die Organisationen, die einen Unterschied machen. Arsch hoch, Herz auf, sei es ein Hintergrundgespräch, ein Artikel oder eine Veranstaltung, eine mutige und nachhaltige Entscheidung im Einkauf, in der Kantine, im Fuhrpark oder im Gebäudemanagement. Alles zählt. Wir alle können zeigen, dass es ein gutes Leben gibt, was nicht daran gekoppelt ist, möglichst viel Ressourcen zu verballern. Weniger ist mehr. Was bei all der sichtbaren Endzeitstimmung fehlt: ein Wohin und Wozu. Eine Vision, dass wir es schöner und besser haben könnten. Und viel gesünder. Gesunde Menschen gibt es nur auf einer gesunden Erde.

Über die Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen: Die Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen (GEGM) wurde im Jahr 2020 von Prof. Dr. Eckart von Hirschhausen gegründet, um den Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Gesundheitsschutz bewusst zu machen. Die Stiftung setzt sich für eine Klimakommunikation ein, die Distanzen überwindet und die Menschen wirklich erreicht – lösungsorientiert, humorvoll, verständlich und visionär. Und sie bringt Personen zusammen, die etwas bewegen können, wie Pflegekräfte, Mediziner:innen, Studierende, Aktivist:innen, Politiker:innen und prominente Persönlichkeiten. Weitere Informationen: unter www.stiftung-gegm.de

 

Ein Interview von Gabrielle Klawitter

 


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